Presseversände sind so 90er – Warum das PR-Massenmailing eine Lüge an dich selbst ist

Sind Presseversände der Schlüssel, um in die Sichtbarkeit zu kommen? Sind sie das ideale Mittel, um dein Branding zu stärken? Nicht unbedingt, ich verrate dir, warum ich persönlich so meine Probleme mit Presseversänden habe – und warum sie eine Lüge an dich selbst sind.

Das ultimative 2.000-Kontakte-Versprechen

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„Wir haben eine Datenbank mit tausenden Journalist:innen“ – wenn ich das höre, wird mir nicht schlecht, aber ein bisschen speiübel. Selbstständige oder Agenturen kennen dieses ultimative Versprechen nur zu gut, denn es ist Grundlage für viele PR-Etat-Pitches. Damit bezweifle ich nicht, dass zweitausend Kontakte tatsächlich in der Datenbank sind, sondern, dass hier ein persönlicher – und deswegen so wichtiger – Draht besteht. Gerne spricht man auch von warmen oder kalten Datenbanken, also von Listen, die man selbst pflegt oder eben durch externe Dienstleister erhält. Und auch hier kommt ein entscheidender Punkt hinzu: die so beliebte DSGVO. Bei eigens gepflegten Kontaktlisten braucht es die Einwilligung der Empfänger:innen, Dienstleister haben hier meist diese Einwilligung abgesichert – ohne dass man jemals Journalist:in XY gesprochen hat. 

Ich bezweifle, dass nur 10 Prozent der zweitausend Kontakte persönlich gekannt werden, dafür aber die ein oder andere Redakteur:in besser. Und genau diese echten Beziehungen sind nämlich das Gold, für Freelancer, Dienstleistungsagenturen und die Unternehmen, die gehört, gesehen und gelesen werden wollen.

We love Standard-Texte

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Wir alle wissen, standardisierte Texte sind so ziemlich das uncoolste, was im Mail-Fach auf uns warten kann. So geht es mir, dir und vermutlich auch den Journalist:innen, die du kontaktierst mit einem Presse-Versand. Und genau das ist der Punkt: Du bist selbst von Massenmails genervt, schickst sie aber trotzdem wöchentlich, in Hochphasen sogar täglich. Fällt dir etwas auf? Du brichst mit deinem Vorgehen genau das, was du beruflich oder im privaten Umfeld erwartest. Du willst persönlich angesprochen werden, du willst das dein Gegenüber auf deine Bedürfnisse eingehst. Bist du dir sicher, dass du deine – vielleicht sogar nur 400 bis 600 – Kontakte ALLE mit deinem Anschreiben individuell angehst? Wenn dir das gelingt: Hut ab. Wenn nicht: absolut verständlich, es geht einfach nicht. Du wist es nie allen Recht machen. 

Unwetter mal anders: Zum Zeitpunkt X soll es Clippings hageln

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Dienstag 10 Uhr, Presseversand – und schon hier werden einige Journalist:innen dir schon aufs Dach springen. Vielleicht aber auch nur: die Mail als „Gelesen“ markieren, in den Spam-Ordner schieben oder sich von der Mailing-Liste austragen. Das liegt auch daran, dass es scheinbar einen nie ausgesprochenen Kodex gibt, Presseversände unbedingt am Dienstagmorgen zu machen. Das bedeutet, Freelancer, Agenturen und Unternehmen landen im Wettbewerb mit hunderten anderen Mails. Dass die News hier übersehen wird – wer will es den Journalist:innen denn schon verdenken. Das schmälert wiederum die Wahrscheinlichkeit, dass deine Kund:innen zu Zeitpunkt X genau das Clipping bekommen, das sie sich wünschen, denn auf Redaktionsseite gibt es eine massive Reizüberflutung – im Mail-Postfach.

Aber: Presseversände sind leider geil

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So sehr ich auch Presseversände in diesem Artikel verurteile, sie sind einfach unschlagbar, um dann doch einige Journalist:innen zu erreichen. Wie es nun mal so ist, der eine liebt sie, die andere hasst sie. Redakteur:innen sind auch „nur“ Menschen, teils reichen die Informationen ohne persönliche Note, teils wissen Redakteur:innen genau, wessen Mails sie lesen müssen, da sie den Absender:innen vertrauen. Doch dieses Vertrauen baut sich in den wenigsten Fällen von selbst auf, der persönliche Kontakt ist zumindest im Erstkontakt von enormer Bedeutung. Ich bin davon überzeugt, dass es z.B. bei Datenstorys nicht unbedingt ein individuelles Anschreiben geben muss. Bei Corporate Storys rund um Launch oder relevante Meilensteine ist es aus meiner Sicht wichtiger, individuell auf Empfänger:innen einzugehen, schon allein deswegen, weil die Geschichte hier sicherlich auf den ersten Eindruck werblich wirkt, so schön der rote Faden innerhalb der Meldung auch gesponnen ist. 

Presseversände sind gar nicht so gut, wie man denkt – die Lüge bleibt

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Insgesamt bleibe ich jedoch dabei: Presseversände sind gar nicht so gut, wie man denkt. Du weißt nämlich, wie unattraktiv unpersönliche Mailings sind, wenn dein favorisierter Online-Shop dir wieder irrelevante Rabattcodes oder Produktneuheiten vorschlägt. Genauso denken Journalist:innen wahrscheinlich in den meisten Fällen auch. Dazu kommt, dass ich Mailingtools kenne, die den Service anbieten, deine Öffnungsrate mit dem Branchendurchschnitt zu vergleichen. 20 Prozent soll diese Rate oft sein, bei 2.000 Empfänger:innen sind das nach Adam Riese genau 400 Kontakte, wo du auch sicherstellen solltest, dass diese zweitausend Personen auch wirklich Interesse an deiner Meldung haben. Ich würde bezweifeln, dass du einen Verteiler für deine Meldung erstellen kannst, die auch alle Journalist:innen gleich zielführend informiert. Heißt auch, unter den 400 Kontakten sind sicherlich auch einige dabei, die die Mail kurz öffnen und wieder schließen, sich aus dem Mailing austragen oder deine News schlichtweg ignorieren, in dem Fall und bei künftigen Aussendungen. 

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Zu guter Letzt wünsche ich dir und euch viel Erfolg bei euren Presseversänden, denn sie haben natürlich auch Relevanz und sind insbesondere bei zeitkritischen News ideal, um schnell einen relevanten Journalisten-Verteiler zu informieren. Doch ich lass mich auch gern bekehren und vielleicht gibt es den Tag, an dem ich wieder einen großen Presseversand tätige. Man sagte mir mal, ich solle nicht so schwarz-weiß denken, vielleicht kehre ich irgendwann einmal zurück zum Graubereich. Erstmal bleibe ich aber dabei: massenhafte unpersönliche Kamikaze-Aussendungen sind oft eine Lüge – an dich selbst und auch an deine Kund:innen. 

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